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liegt bei Diethelm Kaminski

Juli 2005


Köln-

Schaukelweisheit

„Wenn du nicht bald die Schaukel räumst,
versäumst
du die Fortsetzung deines Lebens.
Ich hacke dir die Augen aus.
Dein Ruf um Hilfe wär´ vergebens.“
Wir endete dann der Disput?
Es floss noch jede Menge Blut.
Sie gingen sich gewaltig an die  Federn.
Als sie dann schließlich von der Schaukel knallten,
starben sie beide unter Autorädern.
Lasst, wenn ihr streitet, erst den Zorn erkalten,
dann geht zusammen in die Federn,
schaukelt gemeinsam, nicht getrennt.
Genießt diesen harmonischen Moment.
 


Hermannstadt/Rumänien

Spione

Manche Dächer haben Augen.
Die verfolgen dich.
Ohne dass du´s merktest, saugen
sie fest an deinem Körper sich.
In diesem Ort gibt es Spione.
Froh bin ich, dass ich hier nicht wohne.
 


Wiesbaden

Mittelalterliche Minne

Auf dieser Brücke konnte ich dich in die Enge treiben.
Du konntest fliehen nicht und musstest bei mir bleiben.
Du wirst dich nie mir in die Arme werfen?
Dann muss ich deine Haftbedingungen verschärfen.
Du bleibst auf unbestimmte Zeit an mich gekettet.
Schrei nur. Hier gibt es keinen, der dich rettet.
Hier bist du mir vollkommen preisgegeben.
Du willst dich rächen? Aber wirst du dann noch leben?
 


Wiesbaden

Früher Ruhm

Die Beine schlaksig,
und die Kleidung flapsig.
Statt in den Unterricht zu gehen,
tänzelt und singt
im Park das Mädchen vor imaginärem Publikum.
Die Tasche schwingt
im Rhythmus der Musik.
Und jeder Junge dreht sich nach ihr um.
Am Schuljahrsende steht es ziemlich dumm
um sie: Sie muss ´ne Ehrenrunde drehen.
Von ihren Fans ist keiner mehr zu sehen.
 


Rumänien

Kirchensäuberung

In der alten Kathedrale
ist heut Säuberung angesagt.
Ob das Dreck macht, ob Randale,
das hat niemand hinterfragt.
Der Dom erdröhnt von harten Schlägen.
Staubwolken sieht man sich legen
rings auf Bänke und Altar.
Bei der sonntäglichen Predigt
juckt es sogar den Vikar.
Eine dicke Schmutzschicht hat sich
abgesetzt auf dem Talar.
Aufgewirbelt wurde sehr viel Staub,
doch ich glaub,
dass die Reinigung misslang,
denn der Drang
einer Kirche nach Entstaubung ist gering,
will sie doch nicht, dass man Licht
in ihr Glaubensdunkel bring.
 


München

Malermeister

Solang die Käufer sich nicht wehren,
darf jeder Sonntagsmaler sein Geschmiere
zu großer Kunst erklären.
Knallige Farben (niemals weniger als viere)
in allerschlichtesten Konturen.
Viele Hobbymaler fuhren
hoch zufrieden mit gefüllten Taschen heim.
Schon wieder gingen selbst ernannte Kenner
der Kunst den Malermeistern auf den Leim.
 


Wiesbaden

Verlorener Glaube

Dass ich nicht lache:
Besser einen Spatzen in der Hand
als eine Taube auf dem Dache?
Spatzen sind in Deutschland ausgestorben.
Die Tauben haben mir mit ihrem Dreck
mein neues Dach verdorben.
Längst hab ich keine Wahl mehr
zwischen Spatzen oder Tauben.
Wer schenkt mir einen neuen sprichwörtlichen Glauben?
 


Köln-Porz

Babyfalle

Opa als billiger Babysitter.
Er sitzt am Rhein und langweilt sich zu Tode.
Er ginge lieber mit der Mode
und mit ´ner hübschen Frau
bei Regen und Gewitter
am Rheinufer spazieren.
„Schöne Holde, darf ich´s wagen,
meinen Schirm euch anzutragen?“
Stattdessen muss er einen Kinderwagen
durch den Park kutschieren.
Er ballt die Faust in seiner Tasche.
Das Baby greint, verlangt nach seiner Flasche.
 


Köln

Die Farbe des Sommers

Der Sommerhimmel,
unter dem ich lief
von einem Blau, so intensiv,
so lupenrein,
von allen Wolken abgeräumt.
Kann der von dieser Welt denn sein?
Hab ich ihn nur geträumt?
Deine Augen,
in die meine Blicke sich versenkten,
von einem Blau, so intensiv,
so lupenrein,
von allem Argwohn abgeräumt.
Kann´s sein,
dass sie zurück mir meine Liebe schenkten?
Oder hab ich´s nur geträumt?
 


Köln-Porz

Vertäut

An steinigem Ufer vertäut,
schaukelt der schäbige Kahn.
Viel lieber wäre ich heut
auf schneeweißer Luxusyacht.
Zu schnell hab ich deine Gefühle entfacht.
Zu schnell macht´ ich mich an dich ran.
Jetzt lieg ich mit dir
in dem trostlosen Kahn.
Du redest von Hochzeit und Glockengeläut.
Verständnislos schau ich dich an.
Und ich seh mich an steinigem Ufer
ein Leben lang mit dir vertäut.
 
 

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