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2005/2006
Foto-Vierzeiler
Foto 21
09.06.2006
Foto: Diethelm Kaminski, Köln-Stammheim
Wiesengeister
Du siehst sie kaum, du hörst sie nur:
Ein Wispern und ein Raunen.
Ich bin den Wiesengeistern auf der Spur.
Komm mit, und du wirst staunen.
Diethelm Kaminski
Erlkönigs Töchter
Siehst du sie, Kind, dort hinterm Baum?
Ich bin ganz sicher, es ist kein Traum!
Erlkönigs Töchter stehen am lichten Ort!
Du kannst sie fassen, sie laufen nicht fort.
Martina Sylvia Khamphasith
Un-Durchsichtig
Sie stehen in der Parkanlage,
dort hören wir sie tuscheln, keine Frage.
Welch eine merkwürdige Atmosphäre –
wenn jeder so leicht zu durchschauen wäre!
Ramona Linke
Bei Liese
Es gibt sie wirklich – Flaschengeister: mitten auf der Wiese.
Ich sah sie durch die offenen Fenster meiner Kneipe: „Flotte Liese“.
Nach jedem Schoppen waren klarer sie zu sehen:
Ich konnte gar die Worte: „Trink noch einen“ gut verstehen.
Theo Schmich
..........................................................Foto 22
09.06.2006
Foto: Diethelm Kaminski, Nortorf / HolsteinNach dem großen Regen
Es schüttete aus Kübeln und aus Kellen.
Die Stadt erholt sich von den Wasserfällen.
Glanzvoll ein Regenbogen Einzug hält.
Ein sanftes Lächeln auf die Erde fällt.
Diethelm Kaminski
Belohnung
Du fühlst dich um den Urlaub glatt betrogen,
um dich herum ist alles Grau in Grau.
Doch plötzlich leuchtet über dir ein Regenbogen,
der Himmel strahlt dich an so blau, so blau.
Martina Sylvia Khamphasith..........................................................
Foto 23
22.09.2006
Foto: Diethelm Kaminski, GoslarVoluptas
Die Brüste schreien: Sie verlangen
nach Zärtlichkeit und Streicheleien.
Ihr müsst mir meine Leidenschaftlichkeit verzeihen.
Begierde hält mein Fleisch umfangen.
Diethelm Kaminski
Wechsel
Ausgesaugt bis auf den letzten Tropfen
haben die Bälger meine Brüste
Bin ich nur da zum Mäuler stopfen?
Zeit wird’s für andere Gelüste!
Martina Sylvia Khamphasith
Göttliche Gier
Die linke leer, die rechte nicht viel voller;
mehr Meer schreit Aphrodite,
und in des Brunnens dunkler Mitte
treibt´s Neptun immer toller.
Wolfgang Appell
..........................................................Foto 24
22.09.2006
Foto: Diethelm Kaminski, GoslarStimmungslage
Ich fühl mich heute wie vernagelt.
Der ganze Tag ist mir verhagelt.
Ich muss den Mitmenschen, den feigen,
endlich mal die Zähne zeigen.
Diethelm Kaminski
Überlegen
Man hat mir Nägel in den Kopf getrieben,
doch trotzdem bin verschwiegen ich geblieben.
Zusammen biss ich fest die Zähne,
durchkreuzte meiner Feinde Pläne.
Martina Sylvia Khamphasith
Vernagelt
Welch ein Symbol – ein vernagelter Kopf,
aufgestellt vor einem Kirchenportal!
Heißt das, wer der Kirche fern bleibt, ist ein Tropf –
oder wer dort Trost sucht für des Lebens Qual?
Theo Schmich
Dilemma
Behämmert schaut der Nagelkopf,
er bot die Stirn, hielt hin die Wange.
Belämmert denkt der arme Tropf:
Das nächste Mal wähl ich die Zange.
Wolfgang Appell
Holzweg
Zur Kirche lässt man mich nicht rein,
so plattgedrückt
mit Nägeln ausgeschmückt.
Ich hoff', es wird 'ne Kneipe sein.
Wolfgang Rill
..........................................................Foto 25
20.10. 2006
Foto: Diethelm KaminskiEin Handwerkertag
Der Handwerker hat seine Schuhe ausgezogen.
In eine Ecke hat er sich zum Schlafen hingelegt.
Zum Feierabend ist er ausgeruht davongezogen.
Auf meinem Konto hat er mehr bewegt.
Diethelm Kaminski
Alleinsein
Der linke sprach zum rechten Schuh:
„Hau ab und lass mich bloß in Ruh!“
Da sprach der rechte zu dem linken:
„Wärst du allein, du müsstest hinken!“
Martina Sylvia Khamphasith
Ein altes Paar
Seit' an Seit', so tanzten sie in jungen Jahren
die Nächte durch. Ach', wie sie glücklich waren!
Und heut'? Heut' steh'n sie ausgelaugt, völlig am Ende
auf Abdeckplanen und betrachten frisch gestrichene Wände.
Wolfgang Appell
Alte Schuhe
Sie sind für ihren Herrn durch jeden Schmutz gelaufen,
die beiden Schuhe, wurden dabei alt –
doch ihren Herrn, den lässt das kalt:
wenn's nicht mehr geht, wird er sich neue kaufen.
Theo Schmich
Ärgernis
Die alten Schuh, ganz arg verdreckt,
hat nun die Hausfrau doch entdeckt.
Sogleich begann sie laut zu zetern:
„Schnell vor die Tür mit diesen Tretern!“
Helmut Gabler
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Foto 26
20.10. 2006
Foto: Diethelm Kaminski, Köln / StammheimHerbst
Der Baum hat sich ’nen Pulli angezogen,
er hielt’s vor Kälte nicht mehr aus.
Den Himmel haben Regenwolken durchgebogen,
kein Hund will mehr zum Gassigehen raus.
Martina Sylvia Khamphasith
Winterfest
Ein Fingerhandschuh, gut und schön.
So kann der Baum dem Winter gelassen entgegen sehn.
Der Kälte bietet lächelnd er die Stirn.
Jetzt braucht er nur noch einen Regenschirm.
Diethelm Kaminski
"Die" Eiche und "die" Birke
Wie war die Eiche voller Neid
auf's geile, weiße Birkenkleid.
Jetzt trägt sie endlich selber eines
in Gelborange, 'was Kurz und Kleines.
Wolfgang Appell
Industrie im Glück
Am Klimawechsel, das weiß jedermann,
trägt auch viel Schuld die Industrie.
Jetzt kleidet sie die Bäume an,
verdient dabei so viel Geld wie noch nie.
Theo Schmich
Einschnürend drängende Entwicklungen
Was sind das für Zeiten
in denen Kinder nicht fragen
Hund und Katz nicht streiten
und die Bäume Pullover tragen
Wolfgang Rill
Geschmack
Die Mode, sie ist wandelbar
manchesmal sehr sonderbar
wenn jetzt gar Bäume woll'ne Kleider tragen
fühl ich in mir ein Unbehagen
Christa Beau
..........................................................Foto 27
17.11. 2006
Foto: Martina Sylvia Khamphasith, VientianeWeißsein
Ach, ich armer, weißer Elefant,
gern wär’ ich klein und grau.
Sie beglotzen mich im ganzen Land
wie auf einer Modenschau.
Martina Sylvia Khamphasith
Elefantenschicksal
Die Last des Goldes zwang ihn in die Knie.
Ausbrechen wollte er, sich von der Sklaverei befreien.
Gewagt hat er den Aufstand schließlich nie.
Er zählte weiter zu den ganz besonders Treuen.
Diethelm Kaminski
Der Glücksbringer
Ein Elefant bringt Glück, sagte der Mann,
sieh da, vor unserer Tür ruht sich zufällig einer aus.
Ja, vor der Tür, sprach seine Frau und sann –
warum nur kommt er nicht zu uns ins Haus?
Theo Schmich
..........................................................Foto 28
17.11. 2006
Foto: Diethelm Kaminski, Köln-Stammheim
Ländliche Werbung
Zwar ist unser Gemeinwesen recht klein.
Doch lohnt es sich, bei uns zu investieren
in Nutztierzucht wie Schaf und Schwein
auf ökologisch einwandfreien Wiesen.
Diethelm Kaminski
Tendenz
Im Osten stehen ganze Städte leer,
denn die Bewohner zog es in den Westen.
Dort steht es auch nicht grad zum Besten
jedoch zurück nach Haus will keiner mehr.
Martina Sylvia Khamphasith
Liliputaner
Schrumpfhaushalte triumphieren weit und breit –
deshalb wird alles kleiner in beschränkter Zeit:
Menschen, Häuser, Denken – alles ist eingeengt,
weshalb kein Weg mehr zu den höchsten Höhen drängt.
Theo Schmich
Verfall
Einst hier ein kleines Häuschen stand
der Wanderer die Ruhe fand
Ruinen sind nur noch geblieben
der Wind hat's Laub dazu getrieben
Christa Beau
..........................................................Foto 29
15.12.2006
Foto: Diethelm Kaminski, Köln
Wahnsinn
Am Kaufhaus zur verabredeten Stunde,
erwartet Kunibert die Kunigunde.
Acht Einkaufstüten – da platzt ihm der Kragen,
Er schießt sie auf den Baum – mit samt dem Wagen.
Martina Sylvia Khamphasith
Träume
Die Vorstellung verursacht Wohlbehagen:
Ein eignes Haus, dazu ein eigener Wagen.
So manche Träume hängen in den Bäumen.
Mensch, werde nüchtern und hör auf zu träumen.
Diethelm Kaminski
..........................................................Foto 30
15.12.2006
Foto: Diethelm Kaminski, Park von Schloss Lerbach / Bergisch GladbachVorfreude
Gern hätt’ ich die Pakete aufgerissen.
Welch große Freude die Verpackung weckt!
Doch oft ist’s besser, nicht zu wissen,
was hinter der Fassade steckt.
Martina Sylvia Khamphasith
Drohung
Ich werde Schlitten mit euch fahren.
Das Weihnachtsfest fällt diesmal aus.
Nur Garten-Deko ist der alte Karren.
Gebt Ruhe, Kinder, ab ins Haus.
Diethelm Kaminski
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